Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erstmals nach neun Monaten den Leitzins gesenkt. Dieser Schritt hat vielfältige Auswirkungen auf den deutschen Immobilienmarkt, von Investitionsverhalten bis hin zu Immobilienpreisen. Nachfolgend beleuchten wir, wie sich diese geldpolitische Maßnahme auf verschiedene Akteure und Marktsegmente auswirkt.
EZB-Zinssenkung nach neun Monaten
Die Europäische Zentralbank hat am 6. Juni 2024 erstmals nach neun Monaten den Leitzins gesenkt. Dieser Schritt wird als positives Signal für die Immobilienmärkte betrachtet, obwohl keine weiteren schnellen Zinssenkungen erwartet werden. Experten von Catella Research gehen davon aus, dass es im zweiten Halbjahr 2024 zu weiteren Anpassungen in 0,25-Prozent-Schritten kommen könnte.
Die Zinssenkung wirkt sich psychologisch auf die Märkte aus, indem sie Investoren ermutigt, wieder aktiver zu werden. Dies führt zu einem Einpendeln der neuen Preisniveaus bei Finanzierungen und einem Anstieg der Transaktionsaktivitäten. Dennoch bleiben notleidende Kreditengagements und Insolvenzen ein Thema, insbesondere aufgrund der Herausforderungen bei Darlehensprolongationen und gestiegenen Zinskosten, die den Cashflow der Objekte belasten.
Anpassung der Immobilienpreise
Die Senkung des Leitzinses hat auch indirekte Auswirkungen auf Bauzinsen und Immobilienpreise. Analysen von Immowelt zeigen, dass nach dem Ende der Niedrigzinsphase und dem rapiden Anstieg der Bauzinsen ab Ende 2021 die Angebotspreise innerhalb von sechs Monaten sanken. Eine ähnliche, aber schnellere Reaktion wurde im Oktober 2023 beobachtet, als die Bauzinsen leicht nach unten gingen.
Besonders in Berlin stiegen die Immobilienpreise bereits zwei Monate vor der Zinssenkung im August 2023 wieder leicht an. Dies wird auf das anhaltende Interesse an Immobilien und vergleichsweise niedrige Kaufpreise in der Hauptstadt zurückgeführt. Die Preisentwicklung zeigt, dass Immobilienmärkte auf Zinsänderungen unterschiedlich und teils unerwartet reagieren können.
Auswirkungen auf Immobilienwerte
Trotz der Zinssenkung reagierten die Kurse großer deutscher Immobilienunternehmen negativ. Aktienwerte wie Vonovia und TAG Immobilien verzeichneten deutliche Verluste. Hohe Zinsen erschweren die Refinanzierung am Kapitalmarkt und den Verkauf von Beständen, was die Marktteilnehmer zu vorsichtigeren Investitionen bewegt.
Perspektiven für den Immobilienmarkt
Die Zinssenkung der EZB wird zwar eine gewisse Entspannung auf der Zinsseite bringen, jedoch keinen Immobilienboom auslösen. Die langfristigen Hypothekenzinsen, die seit November 2023 sinken, sind entscheidender für die Preisbildung als kurzfristige Leitzinsen. Hypothekenzinsen werden auch durch die Renditen der Pfandbriefe und Bundesanleihen beeinflusst.
Die EZB zielt darauf ab, durch Zinssenkungen die Hypothekenzinsen zu senken und Impulse für die Immobilienmärkte zu geben. Dennoch werden die Finanzierungskosten für Bauvorhaben nur geringfügig reduziert, was allein nicht ausreicht, um einen Bauboom zu initiieren. Andere Anlageformen könnten für Investoren weiterhin attraktiver bleiben.
Leitzins-Effekt auf die Immobilienfinanzierung
Die Zinsentscheidungen der EZB betreffen primär die kurzfristigen Zinsen. Für die Preisbildung auf dem Immobilienmarkt sind jedoch langfristige Zinsen relevanter. Vermutlich wird die EZB ihre Maßnahmen nur langsam zurückfahren, was langfristige Zinsen eventuell erhöhen könnte. Änderungen dieser Zinsen sind erst bei einer wesentlichen Änderung der Inflationserwartungen zu erwarten.
Trotzdem zeigt der Immobilienfinanzierungsmarkt im ersten Quartal 2024 eine Verbesserung. Das Volumen an Wohnimmobiliendarlehen stieg um 7,1 Prozent auf 17,8 Milliarden Euro. Dies deutet auf eine schrittweise Normalisierung hin, obwohl Finanzierungsentscheidungen weiterhin lange dauern und Geldgeber vorsichtig bleiben.
Insgesamt zeigt die Zinssenkung der EZB, dass geldpolitische Maßnahmen wichtige Signale für den Immobilienmarkt setzen können, jedoch nicht die alleinigen Treiber für bedeutende Marktveränderungen sind. Investoren und Marktteilnehmer sollten daher die weiteren Entwicklungen aufmerksam verfolgen und ihre Strategien entsprechend anpassen.
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