Wer Immobilien vermietet, kann jährlich einen Teil der Anschaffungskosten über die AfA steuerlich absetzen. Dabei gelten feste Pauschalwerte für die Nutzungsdauer – oft 50 Jahre. Doch was viele übersehen: Wenn ein Gebäude in Wahrheit kürzer nutzbar ist, darf auch schneller abgeschrieben werden. Möglich macht das ein Gutachten zur Restnutzungsdauer.

Was sagt das Gesetz?

Die Möglichkeit, eine kürzere Nutzungsdauer anzusetzen, ist kein Steuertrick, sondern im Einkommensteuergesetz klar geregelt. Der § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG besagt, dass anstelle der pauschalen Sätze die „tatsächliche Nutzungsdauer“ angesetzt werden kann.

Das bedeutet konkret: Wenn Sie dem Finanzamt nachweisen können, dass Ihr Gebäude nicht mehr 50, sondern beispielsweise nur noch 25 Jahre nutzbar ist, erhöht sich der Abschreibungssatz von 2 % auf 4 %. Bei Anschaffungskosten von 400.000 Euro für das Gebäude würde sich Ihre jährliche Abschreibung von 8.000 Euro auf 16.000 Euro erhöhen. Dadurch reduziert sich Ihr zu versteuerndes Einkommen erheblich.

Wann ist eine verkürzte Restnutzungsdauer realistisch?

Eine kürzere Nutzungsdauer ergibt sich nicht aus dem Bauchgefühl, sondern muss auf handfesten Fakten beruhen. Das Finanzamt akzeptiert in der Regel drei Hauptgründe, die die Lebensdauer eines Gebäudes verkürzen:

  • Technischer Verschleiß: Dies ist der häufigste Grund. Hier geht es um den Zustand der Bausubstanz. Mängel an tragenden Teilen, veraltete und marode Leitungen, Schäden am Dachstuhl oder an der Fassade sowie ein erheblicher Instandhaltungsstau können die Restnutzungsdauer drastisch reduzieren.
  • Wirtschaftliche Entwertung: Ein Gebäude kann auch an Wert und Nutzbarkeit verlieren, obwohl die Bausubstanz noch intakt ist. Veraltete Grundrisse, die nicht mehr den modernen Wohn- oder Gewerbeanforderungen entsprechen, unzureichende Deckenhöhen oder eine fehlende Barrierefreiheit können eine Immobilie wirtschaftlich unrentabel und damit ihre Nutzungsdauer obsolet machen.
  • Rechtliche Gegebenheiten: In selteneren Fällen können auch rechtliche Faktoren die Nutzung einschränken. Beispielsweise wenn ein Gebäude aufgrund neuer Bauvorschriften oder eines Bebauungsplans in absehbarer Zeit abgerissen werden muss.

So weisen Sie die verkürzte Dauer nach

Um eine verkürzte Restnutzungsdauer geltend zu machen, liegt die Beweislast vollständig beim Steuerpflichtigen. Laut der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Nachweis in der Regel durch ein Gutachten eines qualifizierten Sachverständigen (z. B. Architekt, Bauingenieur oder zertifizierter Immobiliengutachter) zu erbringen.

Das Gutachten muss fundiert und nachvollziehbar sein. Es darf nicht nur das Ergebnis präsentieren (z. B. „28 Jahre Restnutzungsdauer”), sondern muss den Weg dorthin detailliert aufzeigen. Ein vom Finanzamt anerkanntes Gutachten beinhaltet typischerweise:

  • Eine genaue Beschreibung des Gebäudezustands und der Baumängel.
  • Eine Fotodokumentation der Schäden.
  • Eine Analyse der technischen, wirtschaftlichen und ggf. rechtlichen Faktoren.
  • Die Anwendung einer anerkannten Methode zur Ermittlung der Restnutzungsdauer (z. B. nach der ImmoWertV).
  • Eine klare und begründete Herleitung des Endergebnisses.

Eine lohnende Investition

Auf den ersten Blick sind die Kosten für ein Gutachten zur Ermittlung der verkürzten Restnutzungsdauer eine zusätzliche Ausgabe. Doch sie sind nicht nur selbst als Werbungskosten steuerlich absetzbar, sondern amortisieren sich durch die deutlich höhere Steuerersparnis oft schon nach ein bis zwei Jahren.

Wenn Sie Eigentümer einer älteren, vermieteten Immobilie mit sichtbarem Verschleiß oder wirtschaftlichen Nachteilen sind, sollten Sie diese Möglichkeit unbedingt prüfen. Für die Erstellung eines finanzamtskonformen Gutachtens stehen wir Ihnen als zertifizierte Sachverständige für Immobilienbewertung zur Seite.

Ansprechpartner

Bei Fragen senden sie uns eine Mail an info@igbay.de.

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