Noch vor wenigen Jahren profitierten Immobilieneigentümer von historisch niedrigen Zinsen und einer stabilen Wirtschaftslage. Dadurch waren Zwangsversteigerungen eine Seltenheit. Heute sieht die Situation anders aus. Nach Jahren des Rückgangs ist kürzlich wieder ein spürbarer Anstieg dieser Verfahren zu verzeichnen.
Immer mehr Zwangsverseigerungen
Im ersten Halbjahr 2025 wurden bereits 7.240 Immobilien zur Zwangsversteigerung aufgerufen. Das entspricht einem Anstieg von 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr 2025 wird mit etwa 14.500 Zwangsversteigerungen gerechnet, was einem Plus von 7,8 Prozent gegenüber 2024 entspräche.
Warum nehmen Zwangsversteigerungen zu?
Der wichtigste Treiber für die steigenden Zwangsversteigerungen sind die deutlich höheren Bauzinsen. Während Immobilienkäufer in den Jahren 2021 und 2022 noch mit Zinssätzen zwischen 0,85 und 1,5 Prozent finanzieren konnten, liegen die Zinsen für zehnjährige Darlehen 2025 bei durchschnittlich 3,5 Prozent. Parallel dazu belasten Inflation, Arbeitslosigkeit und eine schwächelnde Konjunktur viele Haushalte.
Ein besonders auffälliger Trend ist die Zunahme sogenannter Teilungsversteigerungen. Diese machen mittlerweile über die Hälfte aller Zwangsversteigerungen aus und entstehen typischerweise bei Ehescheidungen oder Streitigkeiten in Erbengemeinschaften. Wenn sich die Beteiligten nicht auf eine einvernehmliche Lösung einigen können, bleibt oft nur der Weg über das Gericht.
Regionale Unterschiede
Die Entwicklung verläuft nicht überall in Deutschland gleich. Thüringen weist mit 32 Zwangsversteigerungen pro 100.000 Haushalte die höchste Quote auf – fast dreimal so hoch wie in Bayern mit 13 Terminen. Der Bundesschnitt liegt bei 18 Terminen pro 100.000 Haushalte.
Interessant sind auch die Wertunterschiede: Während in Berlin und Hamburg Immobilien mit durchschnittlich 870.000 beziehungsweise 840.000 Euro zur Versteigerung kommen, liegt der Wert in Thüringen bei nur 93.000 Euro.
Chancen und Risiken für Kaufinteressenten
Für potenzielle Käufer bieten Zwangsversteigerungen durchaus Chancen. Immobilien werden häufig 20 bis 30 Prozent unter dem Verkehrswert zugeschlagen, und es fallen keine Maklerprovisionen an. Alleerdings sind die Risiken nicht zu unterschätzen.
Käufer müssen oft ohne Innenbesichtigung bieten und haben kein Rücktrittsrecht. Unerwartete Sanierungskosten oder Probleme mit dem Vorbesitzer, der sich möglicherweise weigert auszuziehen, können die vermeintlichen Ersparnisse schnell aufzehren. Eine gründliche Vorbereitung und ausreichende finanzielle Reserven sind hier wichtig.
Ausblick
Ein weiterer Anstieg der Zwangsversteigerungen ist wahrscheinlich. Die anhaltend hohen Bauzinsen und die verzögerte Wirkung wirtschaftlicher Belastungen dürften auch in den kommenden Monaten zu mehr Verfahren führen. Zudem sorgt die Bearbeitungszeit der Gerichte dafür, dass sich die aktuellen Kriseneffekte zeitversetzt bemerkbar machen.
Die wachsende Zahl an Zwangsversteigerungen könnte in bestimmten Regionen zu einem größeren Immobilienangebot und damit zu zusätzlichem Preisdruck führen. Vor allem dort, wo die Preise ohnehin bereits rückläufig sind. Kaufinteressenten sollten daher nicht nur die Chancen, sondern auch die Risiken genau abwägen.
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